Nichts wird derzeit mehr diskutiert als die Betreuung und Unterbringung von Flüchtlingen.

Nach Artikel 16a des Grundgesetzes (GG) der Bundesrepublik Deutschland genießen politisch Verfolgte Asyl. Das Asylrecht dient dem Schutz der Menschenwürde. Es gilt jedoch grundsätzlich nicht für Wirtschaftsflüchtlinge.

Für 2015 haben wir die Situation, dass der Zustrom von Flüchtlingen nicht abreißt. Im gesamten Bundesgebiet könnten es bis zu 650 000 sein. Die Flüchtlingszahlen für Baden-Württemberg werden 2015 voraussichtlich auf 80.000 Flüchtlinge ansteigen. Dies stellt das Land, die Kommunen und viele ehrenamtlich Engagierte vor gewaltige Herausforderungen. Im Rhein-Neckar-Kreis wird sich die Zahl von 2.000 auf nahezu 4.000 verdoppeln.

Die Aufnahme zehntausender Flüchtlinge in Baden-Württemberg gehört zu den großen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen. Zu einer Willkommenskultur für jene Flüchtlinge, deren Leib und Leben in ihrer Heimat bedroht sind, gehört auch die konsequente Rückführung jener Menschen, die keine Chance auf Anerkennung haben. Für viele Kommunen ist bereits jetzt die Belastungsgrenze erreicht. Die Aufgabe politischen Handelns muss aber sein, dass die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen positiv bleibt. Bund, Land, Kreise und Gemeinden müssen zusammenwirken, um diese großen humanitären Aufgaben erfüllen zu können.

Die Stadt- und Landkreise stehen vor der schier unlösbaren Aufgabe Monat für Monat einer steigenden Zahl Asylsuchender im Wege der vorläufigen Unterbringung ein Dach über dem Kopf zu geben. Die Unterbringung der Flüchtlinge und Asylsuchenden ist zudem eine staatliche und keine kommunale Aufgabe, aber sie müssen in den Städten und Gemeinden untergebracht und betreut werden. Die Anschlussunterbringung wird die Gemeinden zeitversetzt vor ähnliche Herausforderungen stellen.

Das schwere Schicksal der Flüchtlinge kann auch uns in keinster Weise "kalt lassen". Der Rhein-Neckar-Kreis muss im Monat Juli mehr als 600 Flüchtlinge unterbringen und 2015 zusätzlich 2.000 Unterbringungsmöglichkeiten schaffen – eine gewaltige Aufgabe. Für die admistrative Durchführung ist die Kreisverwaltung alleine zuständig. Das Landratsamt als untere Verwaltungsbehörde hat die Verpflichtung, alles für eine gute Aufnahme zu tun. Aber die Mittel dafür – Unterkünfte und Personal – müssen vom Kreistag genehmigt werden.

Folgende Maßnahmen sind dabei vordringlich.

Es müssen und werden weitere Landeserstaufnahmestellen geschaffen werden. Der beim 2. Flüchtlingsgipfel angekündigte Ausbau der Kapazität von 9.000 auf 20.000 Plätze ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es muss unverzüglich umgesetzt werden.
Das bisherige Nebeneinander zwischen Landeserstaufnahmestellen, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kommunaler Unterbringung, Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichten ist künftig unter einem Dach zu vereinen. Die rechtlichen Voraussetzungen müssen geschaffen werden. Die Personalausstattung muss deutlich verbessert werden.
Die Sprachförderung muss ausgebaut werden, da die Sprache der Schlüssel zur Integration ist.
Nach Verlassen der Gemeinschaftsunterkünfte müssen die Gemeinden die Asylbewerber und Flüchtlinge aufnehmen. Die Kosten der Anschlussunterbringung werden dann den Sozialhaushalt des Kreises belasten – ohne große Erstattungen durch den Staat.
Ein Sonderwohnraumprogramm des Landes ist notwendig, denn in den Gemeinden fehlt der notwendige Wohnraum.
Ein notwendiges Wort noch zu den Menschen, die sehr schwierige Aufgaben in der Kreisverwaltung oder ehrenamtlich in den Arbeitskreisen bewältigen müssen. Sie müssen im Rhein-Neckar-Kreis Menschen menschenwürdig unterbringen und betreuen. Es wird vorbildliche Arbeit geleistet. Aber es besteht auch Gefahr, dass bei einem weiteren ungebremsten Zugang von Flüchtlingen sie in ihren Aufgaben überfordert werden.

Bruno Sauerzapf, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion und Erster Bürgermeister a. D.

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